MuT (Mach und Tu!) zur Gemeinschaft - Inklusion leben

1. Wie hat das Projekt begonnen?

2017 fanden erste Gespräche mit der Diakonie Stetten und dem DWW statt. Die Diakonie Stetten hat in Großbottwar ein Wohnheim errichtet und wollte von Beginn an eine Anbindung und Einbindung in die Kirchengemeinde. Wir als Kirchengemeinde haben dann sehr schnell gemerkt, dass wir eine inklusive Arbeit mit bestehenden Kräften nicht ermöglichen können. Denn neben der Diakonie Stetten sind auch die Theo-Lorch Werkstätten in Großbottwar aktiv und eine große Anzahl der Menschen, die in den Theo-Lorch Werkstätten arbeiten sind mit unserer Kirchengemeinde schon verbunden.

 

2. Wie war die Projektidee und welche Überlegungen haben Sie dabei geleitet?

Bei der Erarbeitung haben wir aber gemerkt, dass Inklusion nur mit Blickpunkt auf behinderte Menschen für uns nicht weit genug geht. Daher haben wir unser Projekt weiter gefasst. Mit unserem Projekt wollen wir alle Menschen ansprechen, die nicht zum „Inner-Circle“ unserer Kirchengemeinde gehören bzw. in irgendeiner Weise von den Angeboten unserer Kirchengemeinde ausgeschlossen sind oder von Ausschluss bedroht sind. Wie können ältere Menschen am kirchengemeindlichen Leben noch teilnehmen, wenn sie nicht verstehen können, was geredet wird oder bauliche Barrieren bestehen. Wie werden Neubürger auf uns aufmerksam, die bislang keinen Bezug zu uns oder zur Kirche haben? Oder die einfach nicht wissen, was es alles gibt?

 

3. Wie wurde die Projektidee umgesetzt?

Wir haben einen Projektbeirat, der bereits einen inklusiven Erfolg verbuchen kann. Denn wir konnten für den Beirat ein Ehepaar gewinnen, das beruflich im Bereich der Betreuung und Arbeit mit Behinderten aktiv ist, aber eher am Rand der aktiven Gottesdienstgemeinde stand. Durch unsere Anfrage motiviert, hat sich das Ehepaar entschlossen, aktiv mitzuarbeiten und zählt sich nun zur aktiven Gemeinde. Diakon Holger Hessenauer konnte mit den Fördermitteln als Gemeindediakon angestellt werden und hat die Geschäftsführung des Projekts inne. Er ist Kontaktperson zu den Einrichtungen in Großbottwar und ist dort auch vereinzelt schon mit Andachten aktiv.

Es gab bereits ein Treffen für Interessierte, Angehörige und Betroffene, in dem die Sorgen und Nöte, aber auch Wünsche der Menschen gehört wurden. Darüber hinaus wurde auch mit den Einrichtungen vereinbart, wie kurzfristig Informationen über Veranstaltungen zugänglich gemacht werden können, um überhaupt Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen. Interessant ist, dass die Einrichtungen und die Menschen mit Behinderung gar keine neuen Angebote anstreben, sondern dankbar sind, an bestehenden Angeboten wie Gemeindehauscafé teilnehmen zu können.

Interessant war die Frage, wie Menschen mit Behinderung am Gottesdienst teilnehmen können oder ob es anderer Formen oder Orte bedarf. Es wurde sehr schnell deutlich, dass nur bei vereinzelten Menschen mit Behinderung überhaupt die Bereitschaft besteht, in die Kirche zu kommen. Eben weil man dort niemand kennt. Vielmehr besteht der Wunsch, in der Einrichtung, Gottesdienste oder Andachten zu feiern. Andachten, die auf diese Menschen ausgerichtet sind. Wir sind derzeit am Prüfen, wie wir diesen Wunsch realisieren können. Gerade auch, weil wir in diesem Bereich auf allen Seiten Barrieren abbauen müssen, damit Menschen sich begegnen wollen.

Durch den offenen Abend entstand auch die Idee, Angehörigen von Menschen mit Behinderung die Möglichkeit zu schaffen, um sich zu treffen und sich auszutauschen. Oft haben Angehörige nicht die Möglichkeit, sich über ihre Fragen und Probleme mit anderen Angehörigen auszutauschen.

Bereits nach einem halben Jahr Projektarbeit haben wir gemerkt, dass es oft nur Kleinigkeiten benötigt, damit Menschen wieder oder neu am Gemeindeleben teilnehmen können. Mal fehlen einfach nur Informationen, mal braucht es nur eine Hilfe wie der Gottesdienstablauf, damit sich Menschen in unseren Gemeinden sicher fühlen. Im Gemeindebrief wird es immer mindestens einen Artikel in leichter Sprache geben. Die Beamerfolien sollen vom Kontrast optimiert werden, dass Menschen auch mit eingeschränkter Sehkraft die Folien lesen können. Türen und Zugänge barrierefrei zu machen. In unseren Kirchen liegen in jeder Bankreihe Blätter aus, auf denen der Ablauf des Gottesdienstes, sowie die liturgischen Stücke, Vaterunser und das Glaubensbekenntnis abgedruckt sind, damit Menschen, denen unser Gottesdienst fremd oder unbekannt ist, am GD teilnehmen können.

 

4. Ist das Projekt beendet?

Noch läuft das Projekt, aber wir sind auch schon in Überlegungen, wie das Projekt außerhalb des Projektzeitraumes weitergehen kann. Dabei ist insbesondere die zeitliche Kapazität der Hauptamtlichen ein Faktor, in welchem Umfang weitergearbeitet werden kann. Momentan erleben wir, dass durch Diakon Holger Hessenauer viele Ideen auch umgesetzt werden können.

 

5. Welche Erkenntnisse im Blick auf den Auftrag von Kirche und Gemeinde und Pfarrdienst haben Sie durch das diakonisch profilierte Projekt gewonnen?

Durch das Inklusionsprojekt haben sich für die Kirchengemeinde noch einmal ganz neue Türen geöffnet. Zum einen durch neue Mitarbeitende, die Inklusion schon lange auf dem Herzen haben, aber auch bei Angehörigen von Bewohnern der Wohngruppe, als auch bei Trägern und Kommune. Interessant für uns ist, dass die Forderung nach mehr diakonischem Handeln nur sehr verhalten geäußert wurde. Stattdessen wird immer wieder der Wunsch spürbar, dass Kirche in Seelsorge und Verkündigung auch für Menschen mit Behinderung da sein soll. Es braucht eben keine weiteren Angebote, sondern Begegnungsmöglichkeiten in bestehenden Formaten von Gemeinde.

 

6. Kam es zu nachhaltigen Veränderungen?

Für eine abschließende Beurteilung der Nachhaltigkeit ist das Projekt momentan noch sehr jung. Wir wünschen uns aber eine höhere Sensibilität und arbeiten daran, dass Menschen mit und ohne Behinderung in unserer Gemeinde in Beziehung kommen, ohne dass es eines besonderen Diakoniegottesdienstes bedarf.